„Wachsen“ – meine oder Gottes Aktivität?

In der Vorbereitung für „Thrive“ stellte sich uns im Team eine linguistische und doch sehr praktische Frage: Ist Wachsen aktiv, oder passiv? Wächst die Pflanze aus eigenem Willen, aus eigener Kraft, oder durch die Kraft, die in Form von Sonne und Wasser von außen zugeführt wird?

Für mich als Logopäde ist das auch sehr interessant. Natürlich ist wachsen rein formell eine aktive Verbform, aber eine zu der es kein passiv gibt. Ich kann nicht „gewachsen werden“.
Theologisch ist das insofern nicht uninteressant, dass viele Christen auch davon auszugehen scheinen, wachsen sei völlig passiv. Wenn man Christus einmal angenommen hat, dann wird das schon mit der Heiligung. Kann das reichen?

In einem Vortrag von Andreas Schäfer, dem leitenden Pastor der Langensteinbacher Höhe in Baden-Württemberg hörte ich neulich eine sprachliche Feinheit, die dieses Problem lösen kann. Der tolerative Passiv. Diese Verbform gibt es im Deutschen nicht. Im Altgriechischen schon, so zum Beispiel in 1. Petrus 2,5: „Lasst euch auch selbst als lebendige Steine aufbauen, als ein geistliches Haus, ein heiliges Priestertum, um geistliche Opfer darzubringen, Gott hochwillkommen durch Jesus Christus!“
Was im Deutschen ein einfacher Passiv ist, ist im Griechischen diese Mitte: Nicht aktiv, wir bauen uns nicht selbst in das geistliche Haus, aber wir sind auch nicht ganz unbeteiligt, wir müssen es zulassen, uns dafür öffnen, dass Gott uns verändert.

Um das Ganze noch etwas deutlicher zu machen möchte ich meinen Lieblingspsalm, Salomos Psalm 127 hinzuziehen. „Wenn der HERR nicht das Haus baut, arbeiten seine Erbauer vergebens daran.“ Natürlich baut der HERR nicht buchstäblich das Haus, sonst bräuchte es ja die Erbauer nicht. Trotzdem misst der Psalmist dem HERRN eine entscheidende Rolle zu. Arbeitet der Erbauer für den HERRN?
Das klingt sehr fromm, aber ich würde sagen: Nein! Denn dann ist immer noch der Erbauer aktiv. Aber der HERR muss das Haus bauen, damit es zum Ziel kommt. Auch wenn der HERR nicht buchstäblich, eigenhändig das Haus baut, muss er aktiv sein. Und das gelingt nun mal nur, wenn der Erbauer passiv wird.
Aber wenn passiv heißt, dass sich der Erbauer tatenlos zurücklehnt, dann ist das sicher nicht Salomos Intention. Der HERR arbeitet durch den Erbauer. Nicht aktiv, nicht passiv: tolerativer Passiv!
Weder baue ich, noch wachse ich aus eigener Kraft. Ich öffne mich für sein Wirken und lasse ihn an und mit mir arbeiten. Mit „Thrive“ möchte der GB genau das erreichen.

Darum lade ich euch ein: versucht nicht aus eigener Kraft zu wachsen. Lehnt euch nicht zurück, um passiv zu wachsen.
Öffnet euch aktiv für Gott, damit er durch euch wirken kann!


Simon Kühlein,  Reichenbach/Vogtland

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