Zwei Erfahrungen haben mein Gebetsleben im Bereich Fürbitte stark geprägt:
a.) Mit 17 Jahren durfte ich, durch die Gnade Gottes, das Evangelium von Jesus Christus mit dem
Herzen verstehen und annehmen. Ich übergab die Leitung meines Lebens bewusst an Jesus
Christus. Als ich meinen Angehörigen und Freunden davon erzählte, bewegte mich sehr, wie viele
von ihnen genau dafür gebetet hatten, manche schon längere Zeit. – Immer wieder lese ich
Lebensberichte von Menschen, bei denen es ähnlich war. Sie fanden zum lebendigen Glauben an
Gott und stellten dann fest, wie ihnen nahestehende Menschen anhaltend für sie gebetet hatten. Das
berührt mich regelmäßig und führt mich immer wieder dazu, den Herrn zu bitten, mir die Menschen
aufs Herz zu legen, für deren Bekehrung ich beten soll.
b.) Im Rahmen einer geistlichen Wanderwoche für Menschen in Leitungsverantwortung erlebte ich
folgendes: Die Wanderungen dort machten wir immer zu zweit und unterhielten uns dabei intensiv
über den geistlichen Tagesimpuls, wie er in unsere Lebenssituation mit all ihren Bezügen
hineinspricht. Nach einem sehr dichten Gespräch mit meinem Partner, in dem wir uns gegenseitig
viele persönliche Gebetsanliegen mitteilten, kamen wir nach einer 6-stündigen Wanderung wieder
bei unserem Quartier an. Ich bedankte mich herzlich für das intensive gute Gespräch und wollte
mich zurückziehen. Mein Gegenüber – notabene kein Pastor – reagierte etwas verdutzt und meinte:
„Jetzt haben wir so lange über das gesprochen, was uns im Innersten bewegt. Wollen wir denn
nicht noch zusammen dafür beten?“ Das taten wir dann auf der Stelle. Das war wichtig und tat gut.
Er hatte ja so recht. Nach einem intensiven Austausch unter Glaubensgeschwistern darf das
gemeinsame Gebet ein natürlicher Abschluss des Gesprächs sein.
Seitdem praktiziere ich dies stärker als früher. Ich bitte Jesus, dass er mich aufmerksam für
Situationen sein lässt, in denen ich für andere beten darf; nicht nur in gemeindlichen
Zusammenhängen, sondern gerade auch in einem Umfeld, in dem es Menschen nicht erwarten, z.B.
nach einem Gespräch auf offener Straße. Ich tue dies in der Gewissheit, dass Jesus alle
Möglichkeiten hat, Gebete zu erhören und auch auf übernatürliche Weise in unser Leben
einzugreifen – aber auch in dem Vertrauen, dass er in seiner Souveränität am besten weiß, was wir
wann benötigen.
Es ist mein tiefer Wunsch, dass meine Mitmenschen zu Jesus finden und das Evangelium so
beglückend und befreiend persönlich erfahren, wie ich es erleben durfte. Ich möchte, dass sie nicht
nur nachvollziehen und respektieren können, dass ich Christ bin, sondern dass sie selber erleben,
dass es auf dieser Welt nichts Größeres und Wichtigeres zu entdecken gibt als das, was Jesus
Christus für sie getan hat und was sie in der Gemeinschaft mit ihm erleben können.
Der im Neuen Testament so vielfach ausgesprochene Auftrag des anhaltenden Gebets in
Verbindung mit der Verheißung Jesu: „Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden;
klopfet an, so wird euch aufgetan! Denn wer da bittet, der empfängt; und wer da sucht, der findet;
und wer da anklopft, dem wird aufgetan!“ (Mt. 7,7ff.) ermutigen mich, dafür zu beten, dass
Menschen sich für Jesus öffnen.
Ich freue mich dabei über jede kleine Annäherung an den christlichen Glauben, über jeden kleinen
Glaubensschritt, den ich bei anderen beobachten kann, über jede Frucht, die ich sehen kann.
Manchmal aber verändert sich über Jahre nichts, oder es scheint zumindest so. Für solche Menschen
weiter anhaltend zu beten, fällt mir nicht immer leicht. Es ist ein langer steiniger Weg, der viel
Geduld und Glaubenstreue erfordert. Denn ich weiß nie, ob und in welcher Phase seines Lebens
er/sie sich öffnet für das Evangelium. Was ich aber weiß und im Glauben festhalte, ist: Gott wirkt
im Verborgenen. Auch dann, wenn ich von seinem Wirken selbst (noch) nichts sehen kann, ist mein
fürbittendes Gebet für meinen Nächsten wichtig. Denn es ist ein Gebet nach dem Willen Gottes:
„Denn Gott will, dass alle Menschen gerettet werden und sie zur Erkenntnis der Wahrheit
kommen!“ (1. Timotheus 2,4).
Manchmal bin ich traurig über mich selbst, weil ich merke, dass ich nachgelassen habe, für einzelne
Menschen weiter zu beten. Was mich dabei aber wieder zur inneren Gelassenheit führt, ist die
Aussage Jesu: „… denn ohne mich könnt ihr nichts tun“ (Joh. 15,5). Auch das Gebet für Menschen,
dass sie zum Glauben kommen, ist nicht meine Leistung, sondern ein Geschenk und eine Gabe. Ich
darf unseren Herrn immer wieder bitten um den Geist des Gebets (Sacharja 12,10) und darf es
erleben, wie neue Kraft und Ausdauer in mich fließt, wie das Glaubensfeuer neu entfacht wird.
So möchte ich uns alle mit diesen Zeilen ermutigen: Egal wie wir es tun, ob wir täglich zur gleichen
Zeit beten oder spontan, mit Hilfen (Gebetstagebücher, Listen etc.) oder ohne, zuhause oder
unterwegs – Hauptsache, wir beten für und mit Menschen und erwarten von Gott, dass er in
ihnen wirkt!
Eine gute Gelegenheit, ganz natürlich in der Öffentlichkeit zu beten, bietet die Aktion: „3. Oktober –
Deutschland singt und klingt!“. Anlässlich von 30 Jahren deutscher Einheit haben wir uns in Lauter
am 3.10.20 daran beteiligt. 300 Leute, darunter auch viele, die sonst nicht in die Kirche gehen,
kamen auf den Marktplatz und brachten ihre Dankbarkeit dafür zum Ausdruck, beteten und sangen
miteinander, hörten einen Zeitzeugen der „Wende“, ein Grußwort des Bürgermeisters, sowie kurze
geistliche Gedanken zu den Liedern. Eine sehr gelungene Veranstaltung, die wir für den 3.10.22
wieder planen. Für Interessierte: www.3oktober.org
Lauter, 1.4.2022, gez. Pastor Andreas Hertig, Konferenzsekretär für Evangelisation der OJK. Der Artikel ist ein Auszug aus dem Impulsberichts von A. Hertig an die OJK 2022