Am 24.9.2021 hat der Runde Tisch der EmK wieder einmal getagt. Dabei hat Pastor Andreas Hertig ein Statement abgegeben, wie die Arbeit des GB zurzeit aus Sicht des Leitungsteams gerade läuft und angenommen wird:
Den Gemeinschaftsbund gibt es nun seit sieben Monaten. Wir befinden uns also in der Start- und Aufbauphase. Da an manchen Orten die Informationen darüber coronabedingt nur dürftig angekommen sind, und weil die Informations- und Diskussionsprozesse Zeit brauchen, können Zahlen über unsere Größe zwar immer wieder abgefragt und publiziert werden – sinnvoll können wir aber frühestens zur Zentralkonferenz im Nov. 2022 Auskunft darüber geben, wieviele Menschen zum Gemeinschaftsbund gehören und wieviele Gemeinden ihn als Säulen tragen.
Mit vielen Einzelgesprächen versuchen wir vom Leitungsteam und vom Vorstand, Menschen aufzuzeigen, dass es für sie durch den Gemeinschaftsbund eine Perspektive in dieser Kirche gibt. Informationsveranstaltungen über die Beschlüsse des Kirchenvorstands halten wir gerne, wenn wir dazu in Gemeinden eingeladen werden.
Daneben ist auch schon manche inhaltliche Arbeit geschehen, die überall auf große Resonanz gestoßen ist. Es fanden mehrere Regionaltage statt, die den Charakter von Glaubenstagen hatten. Weitere sind in Planung. Online fanden mehrere Glaubenskurse und Buchbesprechungen statt, an denen Menschen bundesweit teilnahmen. Die Glaubenstage in Braunfels Ende Oktober werden so viele Menschen zusammenführen, wie vom dortigen Gesundheitsamt zugelassen werden. Rund 200 Menschen haben bei ihrem Beitritt angegeben, dass sie bereit sind, im Gemeinschaftsbund mitzuarbeiten. Wir erleben in dieser Startphase, dass der Gemeinschaftsbund für viele Menschen in der Kirche sehr wichtig ist, damit sie ihre geistliche Heimat weiterhin in ihr finden.
Leider erleben wir, dass gerade dies in unserer Kirche sehr umstritten ist. Die einschlägigen Leserbriefmeinungen in unseren kirchlichen Medien dazu sind bekannt. Darüber hinaus bekommen wir viele E-Mails, die den Gemeinschaftsbund grundsätzlich in Frage stellen und uns der Kirchenspaltung bezichtigen. Dieser Vorwurf ist angesichts der Geschichte, die es in Deutschland nach der Generalkonferenz-Entscheidung im Umgang mit den strittigen Fragen gibt, besonders unsachlich und verletzend. An dieser Stelle können wir nur hoffen, dass mit der Zeit die Einsicht bei immer mehr Menschen wächst, dass es für unsere Kirche gut und sogar bereichernd ist, dass es den Gemeinschaftsbund gibt.
Für den Beitritt von Gemeinden haben wir am runden Tisch ein Verfahren festgelegt und hilfreiche Gesprächsregeln für den Diskussionsprozess vor Ort veröffentlicht. Bisherige Erfahrungen an Orten, wo es nach einer Grundinformation der Gemeinden und der Abfrage, ob 20% der Kirchenglieder eine Abstimmung dazu wünschen, zu intensiveren Gesprächen gekommen ist, zeigen, dass dies gut gelingen kann, wenn eine Gemeinde bereit ist, ein ehrliches mehrheitliches Meinungsbild zu akzeptieren. Dort verlaufen die Gemeindeversammlungen mit Abstimmung ruhig und friedlich, und man kann mit dem Ergebnis gut weiterleben zusammen. Es gibt aber auch die Erfahrung, dass einzelne Geschwister, die gegen den Beitritt zum Gemeinschaftsbund sind, in einer Gemeinde, die eine konservative Grundsicht auf die strittigen Fragen hat, vehement die Abstimmung darüber bekämpfen und mit Austritten drohen, falls die Gemeinde einem Beitritt zustimmen sollte. Dies behindert den fairen, sachlichen Umgang mit der Thematik sehr.
Die Meinungsvielfalt in unserer Kirche ist groß und wird oft gepriesen. Auch wir im Gemeinschaftsbund sind ein Teil davon, der die Kirche bereichert! Wenn unser gemeinsamer Weg gelingen und unser Kompromiss wirklich akzeptiert und mit Leben gefüllt werden soll, dann braucht es dazu immer wieder das klare Bekenntnis der Leitungsverantwortlichen in der Kirche. Der „Beigeschmack“, der mit einem persönlichen Beitritt zum Gemeinschaftsbund oder mit einem Gemeindebeitritt oft verbunden ist, muss verschwinden. Es muss klar sein, dass diese Möglichkeit des Umgangs mit den strittigen Fragen gleichberechtigt und gleichwertig neben dem steht, dass man die Öffnung der Kirche mitträgt.
gez. Pastor Andreas Hertig, 24.9.2021
5 Kommentare zu „Gemeinschaftsbund in der EmK: Stand der Dinge“
Lieber Andreas Hertig,
Du schreibst vom „Beigeschmack“, der verschwinden muss. Wer aber erlebt, wie in unserer Kirche der Beitritt zum GB beworben wird und dabei den
Eindruck gewinnt, es stehe eine Entscheidung an, die konservative Christen gegen liberale Christen in Stellung bringt, der muss doch das Recht haben,
auf die Gefahr hinweisen zu dürfen, die zur Spaltung der Gemeinden und der Kirche führt.
Wenn, wie es in Chemnitz geschieht, eine Stimme über 20% der an der Abstimmung zur Frage des Beitritts zum GB abgegebenen „Wahlzettel“ über
den Weg der ganzen Gemeinde entscheiden soll, wie steht es dann um den Frieden in der Gemeinde? Ich nenne nur dieses Beispiel und weiß, dass die selben Probleme überall dort entstehen, wo ähnlich der Wahl im politischen Bereich Abstimmungen in den Gemeinden per Wahlzettel vorgenommen werden. Sollen wirklich 20% über 80% entscheiden? Ist die Entscheidung der SJK, diese Regel außer Kraft zu setzen, nicht völlig logisch? Und liegt es nicht im Interesse des Gemeinschaftsbundes, jeden Eindruck von Nötigung aus der Welt zu schaffen?
Ich plädiere ganz entschieden dafür, dass wir entschlossen die Freiheit ergreifen, zu der uns Christus befreit hat. Texte von Lothhar Schieck in der Neuerscheinung „Geschenkte Gerechtigkeit“ sind eine kräftige Einladung, in den uns bedrängenden Fragen „Das eine Evangelium – Verpflichtung für uns alle“ zur Geltung zu bringen.
Mit brüderlichem Gruß
Herbert Uhlmann
Lieber Herbert Uhlmann!
Es ist mir wichtig, etwas sachlich richtig zu stellen: Nirgendwo entscheiden 20 % der Gemeinde über die anderen 80 %, auch nicht in Chemnitz. Der vom deutschen Kirchenvorstand auf Empfehlung des Runden Tisches im Nov. 20 gefasste Beschluss für das Prozedere von Gemeinden, die sich mit der Thematik eines möglichen Beitritts der Gemeinde zum Gemeinschaftsbund befassen wollen, sieht folgendes vor: Wenn 20 % der Kirchenglieder einer Gemeinde eine Abstimmung darüber wünschen, dann findet diese zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen einer Gemeindeversammlung unter der Leitung des zuständigen Superintendenten statt. Dort muss dann eine deutliche Mehrheit der Kirchenglieder für den Beitritt zum Gemeinschaftsbund stimmen, ansonsten ist der Beitritt abgelehnt. Welches Quorum erreicht werden muss, das legt im Vorfeld der Abstimmung die Bezirkskonferenz fest. In der OJK bewegt sich dies nach den bisherigen Erfahrungen zwischen 58 % und 75 % Zustimmung. Das heißt also unter dem Strich: Überall, wo es bisher zu einem Beitritt einer Gemeinde gekommen ist, gibt es diese deutliche Mehrheit für das bisherige Eheverständnis. Und deshalb meine ich, muss in der Kirche so ein Ergebnis aufgrund eines ehrlichen Meinungsbildes aller Kirchenglieder akzeptiert und toleriert werden, auch wenn man persönlich den Weg der Öffnung für richtig hält.
Nochmals zum Stand der Dinge in der Chemnitzer Friedenskirchgemeinde: Dort ist bisher nur festgestellt worden, dass es eine ausreichende Anzahl Kirchenglieder gibt, die über die Frage des Beitritts der Gemeinde abstimmen wollen. Wie diese Abstimmung ausgehen wird, ist völlig offen.
Mit brüderlichem Gruß! Andreas Hertig
Ja, lieber Andreas Hertig, wenn 20% einer Gemeinde die ganze Gemeinde in eine Abstimmung drängt, die von 80% der Gemeinde
nicht gewollt ist, was ist das dann anderes als Nötigung? Und wenn in einer Gemeindeversammlung gestritten werden muss, damit
58% bis 75% Zustimmung gefunden wird, bzw. Zustimmung verhindert wird, welch ein Segen liegt dann über dem weiteren Weg der
Gemeinde, die nun die Verlierer- und die Gewinnergruppe miteinander versöhnen muss?
Grundsätzlicher gefragt: Kann von einer Abstimmung ein „ehrliches Meinungsbild aller Kirchenglieder“ erwartet werden, wenn doch
Abstimmungen dieser Art immer Verlierer und Gewinner produzieren? Ist der Gegenstand, über den da entschieden werden soll, diesen Streit wert?
Mit brüderlichem Gruß
Herbert Uhlmann
Das Thema ist immerhin wichtig genug für eine Änderung (bzw. Aussetzung) von Punkten in der Verfassung (!) und Lehre (!) unserer Kirche…
Die Diskussion darum ist letztlich die Ursache für den Gemeinschaftsbund.
Schön wäre, wenn wir so miteinander reden, dass es weder Nötigung, noch Verlierer gibt, sondern alle an Tiefe im Glauben gewinnen. Und eine einladende Atmosphäre entsteht…
Lieber Andreas Härtel, aus ganzem Herzen stimme ich zu, dass wir alle an Tiefe im Glauben gewinnen, damit eine einladende Atmosphäre in der Kirche und in jeder Ortsgemeinde entstehen kann. Tiefe im Glauben kann uns allein das Evangelium, also die Nachricht von Gottes Barmherzigkeit, von Gottes grenzenloser Gnade und von seiner rettenden Liebe schenken. Pastor Lothar Schieck hat im Theologischen Referat zur Tagung der Jährichen Konferenz der EmK in der DDR mit der Formulierung „Das eine Evangelium – Verpflichtung für uns alle“ unter 2.6 gesagt: „Das Evangelium ist notwendig eins – jede Größe, die neben es tritt, ist Sabotage an der Gnade“ (S. 32 in L. Schieck, „Geschenkte Gerechtigkeit“ – Theologische Texte für die Gemeinde“ 2021).
Diese eindeutige Formulierung könnte uns helfen, verwirrende Vielfalt sich gegenseitig ausschließender Behauptungen in unserer Kirche zu überwinden. Ja: „Es will gelernt sein, dass wir das Evangelium als Wort vom Kreuz nicht in unsere Regie nehmen können…. es ist … Ausbrechen aus dem Weg hinter dem Gekreuzigten her, wenn es uns nicht mehr anficht und zu schaffen macht, dass sich das Evangelium so wenig unter uns durchsetzt“. (a.a.O., S.40)
Gesegnete Adventszeit!
Herbert Uhlmann